Schätze des Kreisarchivs

10. Der Hohenstaufen als Bildmotiv im 19. Jahrhundert

Im Oktober wurden verschiedene romantisierende Abbildungen des Kaiserbergs Hohenstaufen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gezeigt.

Kolorierte Lithographie der "Burg Hohenstaufen" (um 1880)
Kolorierte Lithographie der "Burg Hohenstaufen" (um 1880)

Durch seine Höhe, markante Form und historische Bedeutung als Stammsitz des staufischen Kaisergeschlechts ist der Hohenstaufen das Wahrzeichen der umliegenden Region. Bis ins 18. Jahrhundert standen auf dem Bergkegel die Reste der 1525 im Bauernkrieg ausgebrannten Burgruine. Unter Herzog Karl Alexander plante man die Errichtung einer Landesfestung und planierte die Gipfelfläche. Nach seinem Tod 1737 gab man diese Pläne wieder auf und der kahle Berg diente vorrangig als Schafweide, nur ein winziger Mauerrest erinnerte an die einstige Burg. Mit der aufkommenden Nationalbegeisterung des frühen 19. Jahrhunderts und der verklärt-romantischen Erinnerung an das staufische Mittelalter rückte der Hohenstaufen vermehrt ins Zentrum bildlicher Darstellungen und wurde nun, wie der Hohenzollern, immer häufiger als „Kaiserberg“ tituliert – in Gedichten, Reiseführern und landeskundlichen Werken.

Lithographie der Burg Hohenstaufen nach Vorstellung des Künstlers (um 1870)
Lithographie der Burg Hohenstaufen nach Vorstellung des Künstlers (um 1870)

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts traten der Hohenrechberg und der Stuifen als weitere „Kaiserberge“ hinzu, freilich ohne konkrete historische Hintergründe. Doch speziell der Hohenstaufen zeigte sich als beliebtes Motiv von Einblattdrucken verschiedener Größe, in der Regel Lithographien, die schwarz-weiß oder handkoloriert angeboten wurden. Auffällig ist dabei im Vergleich zur Gegenwart die steilere Gipfelform, die sich durch die Aufforstung ab etwa 1900 optisch abgeflacht hat. Gern stellte man auch die aktuelle Ansicht einem zuweilen recht fiktiven Burgberg gegenüber. Diese Fantasiedarstellungen hatten, vergleicht man sie mit den erhaltenen Bildquellen vom 15. bis zum 18. Jahrhundert sowie den archäologischen Befunden, eher wenig mit den tatsächlichen Gebäudekomplexen gemeinsam oder überzeichneten diese massiv. Die Gelder flossen dann in eine Schutzhütte des Schwäbischen Albvereins und eine historistische Renovierung der nun als „Barbarossakirche“ bezeichneten spätmittelalterlichen Dorfkirche in Hohenstaufen.

11. Die Familie Auerbacher in Göppingen 1945 / 1946

Der November beleuchtete die kurze Rückkehr der Familie der Göppinger Ehrenbürgerin Inge Auerbacher nach Göppingen von Juli 1945 bis Mai 1946.

Aufstellung einiger der erhaltenen Gegenstände (Bestand C 0 Nr. 184)
Aufstellung einiger der erhaltenen Gegenstände (Bestand C 0 Nr. 184)

Die unscheinbare, etwa einen Zentimeter dicke Sachakte des Landratsamts Göppingen ist ein Puzzlestein zum bewegenden Schicksal einer deutsch-jüdischen Familie. Nach der Arisierung und Enteignung seines Textilgeschäfts im badischen Kippenheim war Berthold Auerbacher (1898-1987) 1939 mit seiner Frau Regina (geb. Lauchheimer, 1905-1996) und der kleinen Tochter Inge (*1934) zu seinen Schwiegereltern nach Jebenhausen gezogen. Im August 1942 wurden die Auerbachers nach Theresienstadt deportiert und überlebten die furchtbaren Umstände bis zur Befreiung durch die Rote Armee.

Nach ihrer Rückkehr zog die Familie im Sommer 1945 zunächst wieder nach Jebenhausen und dann in eine Wohnung nach Göppingen. Über die amerikanische Militärverwaltung und das dortige Landratsamt bemühte sich Berthold Auerbacher um die Rückgabe seines Besitzes und um eine Grundausstattung für seine Familie. Diese erhielt er zwischen Juli 1945 und Februar 1946 durch „Requirierungen“ und Neuanfertigungen, worüber eine Liste Aufschluss gibt. Wie die Auswahl der Personen vollzogen wurde, die Einrichtungsgegenstände oder Bettzeug abgaben oder abgeben mussten, ist nicht klar ersichtlich. Die Neuanfertigungen beispielsweise einer „Spätzlemaschine“ oder eines kleinen Mostfasses zeigen anschaulich den schwäbischen Hintergrund der Familie.

Bezugsschein für zwei Paar Straßen- und ein Paar Hausschuhe (Bestand C 0 Nr. 184)
Bezugsschein für zwei Paar Straßen- und ein Paar Hausschuhe (Bestand C 0 Nr. 184)

Doch die Rückkehr in die alte Heimat war nur von kurzer Dauer, im Mai 1946 wanderten die Auerbachers nach New York aus, was in Inge Auerbachers autobiografischem Buch „Jenseits des gelben Sterns“ (2005) eindrucksvoll beschrieben wird. Zuvor veräußerten sie den vorhandenen Hausstand. 1956 wurden einige der Personen, die 1945/1946 Gegenstände oder Möbel abgegeben hatten, vom Landratsamt entschädigt, weil diese prinzipiell nur zur Nutzung vorgesehen waren. Die Auslagen von 440 DM versuchte das Landratsamt dann wiederum von der Bundesrepublik als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs erstattet zu bekommen – letztlich erfolglos. 2022 wurde Inge Auerbacher, die seit Jahrzehnten international für Aussöhnung und Frieden wirkt, Ehrenbürgerin der Stadt Göppingen.

12. Gasthäuser und Gastronomie im Filstal

Im Dezember stand die Geschichte der Gastronomie, Gasthäuser und Cafés im Landkreis Göppingen im Vordergrund.

Das Gasthaus zur Kuchalb in Donzdorf um 1911 (Bestand S 11 Nr. 3085)
Das Gasthaus zur Kuchalb in Donzdorf um 1911 (Bestand S 11 Nr. 3085)

Spätestens seit dem 14. und 15. Jahrhundert sind Gasthöfe und Herbergen auf dem Gebiet des heutigen Landkreises Göppingen schriftlich belegbar. Gerade im Filstal als klassischem Durchreisegebiet und an den Orten der Albaufstiege fanden sich zahlreiche Einrichtungen, in denen man sich stärken oder die Nacht verbringen konnte – innerhalb oder außerhalb der Stadtmauer.

In Göppingen hatte die Obrigkeit im 15. Jahrhundert die Zahl der Herbergen noch auf sechs begrenzt. Die bekannteste war das „Kreuz“, in dem vor dem Bau des Stadtschlosses auch mehrfach Kaiser und Könige abstiegen. In Geislingen sahen die „Sonne“ oder die „Krone“ ebenfalls zahlreiche hochrangige Gäste. Beliebt für längere Aufenthalte erwiesen sich die geräumigen Herbergen der Sauerbrunnenkurbäder u. a. in Göppingen, Jebenhausen, Boll und Überkingen, die alle ihre Blüte bis zum 30-jährigen Krieg hatten.

Das Gasthaus zum Hirsch in Boll um 1930 (S 11 Nr. 1560)
Das Gasthaus zum Hirsch in Boll um 1930 (S 11 Nr. 1560)

In den frühneuzeitlichen Dörfern besaßen die Gasthöfe weitere wichtige soziale Funktionen: als Zentren der Kommunikation und des Informationsaustauschs, als Stätte der Anbahnung von Geschäften und Kreditleihen oder als Gerichtsort. Im 19. Jahrhundert kamen verstärkt politische Veranstaltungen, Konzerte und Vereinsaktivitäten hinzu. Vielfach zählten Brauereien zum Angebot der Gasthöfe, in großen Kellern meist außerhalb der Orte wurde vor der Erfindung der Kühlschränke das Bier gelagert.

In Göppingen verfügten ca. 5400 Einwohner im Jahr 1844 über neun Brauereien und vier Bierkeller, dazu gab es 18 Schildwirte, 16 Speisewirte, 50 Schenkwirte, 16 Bierschenken und 13 Branntweinschenken. Auch die rund 2300 Geislinger hatten 1842 eine mehr als stattliche Auswahl. Nachdem der Kaffee im späten 18. und dann vor allem im 19. Jahrhundert seinen Weg ins Schwabenland gefunden hatte, nahm die Zahl der Cafés in den Städten zu: In Göppingen existierten 1930 neben vier Gasthof-Hotels, 19 Gasthäusern und dutzenden Schankwirtschaften stolze 14 Cafés, in Geislingen 1927 immerhin vier.

Der Gasthof zum Wäscherhof in Wäschenbeuren um 1910 (Bestand S 11 Nr. 1277)
Der Gasthof zum Wäscherhof in Wäschenbeuren um 1910 (Bestand S 11 Nr. 1277)

Die ab 1890 gebräuchlichen Bildpostkarten dienten oft als Werbemittel der Gasthäuser, nicht selten in Kombination mit einer Ortsansicht. Eine größere Internationalität und Vielfalt der Gastronomie entwickelte sich erst ab den 1950er und 1960er Jahren, gleiches gilt für den Ausbau der touristischen Ausflugslokale.

Kontakt

Dr. Stefan Lang Abteilungsleiter
Dr. Stefan Lang
Abteilungsleiter
Fax +49 7161 50318-19

Michael Weidenbacher, M.A.
Kreisarchäologe

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