Archäologische Spuren der Vergangenheit: Frühmittelalter

Alamannische Gürtelschließe mit magischen Tierdarstellungen (Donzdorf)

Bereits 1901 wurde in Donzdorf beim Bahnbau ein alamannischer Reihengräberfriedhof entdeckt. Seither traten bei Bauarbeiten immer wieder Gräber zutage, die teilweise reich ausgestattet waren. Viele dieser Grabbeigaben wurden zerstört oder gelangten ohne archäologische Dokumentation in Privatbesitz. 1963 konnten 100 Gräber im Rahmen von Bauarbeiten in der Rosenstraße wissenschaftlich korrekt untersucht und deren Beigaben fachgerecht geborgen werden.

Grabbeigaben aus Donzdorf: Lang- und Kurzschwerter, Lanzenspitzen, Schildbuckel mit Schildfessel, Gürtelhaken, silbertauschierte Gürtelschließe und -beschlag (Foto: Kreisarchäologie Göppingen)
Grabbeigaben aus Donzdorf: Lang- und Kurzschwerter, Lanzenspitzen, Schildbuckel mit Schildfessel, Gürtelhaken, silbertauschierte Gürtelschließe und -beschlag (Foto: Kreisarchäologie Göppingen)

Der Obergermanisch-Rätische Limes wurde von den Römern 260 n. Chr. aufgegeben. Das Römische Reich war durch innenpolitische Krisen und militärische Abwehrkämpfe gegen Germanen und Perser nicht mehr in der Lage, dieses Grenzbollwerk länger zu halten. In den verlassenen Gebieten zwischen Rhein und Donau ließen sich Angehörige verschiedener germanischer Stämme nieder. Deren ursprüngliche Heimat lag an Elbe, Havel und Saale. Die Römer sahen in ihnen „zusammengewürfelte Menschen“ und nannten sie „Alamanni“. Diese Neuankömmlinge siedelten im Umfeld römischer Straßen, aufgelassener Kastelle, Siedlungen und Gutshöfe. Ihre Führungselite residierte in Höhensiedlungen. Durch Keramikfunde ließen sich solche Anlagen auf dem Schlossberg bei Bad Ditzenbach, auf dem Hohenstaufen und neuerdings auch auf dem Bergsporn mit der Ruine Helfenstein lokalisieren. Um 500 n. Chr. geriet die „Alamannia“ unter die Herrschaft der fränkischen Merowingerkönige.

Im 5. und 6. Jahrhundert wurden viele neue Siedlungen mit den Namensendungen „-ingen“ und „-heim“ gegründet. Vorangestellt sind die Namen bedeutender Persönlichkeiten wie Geppo, Giselo, Huno, Isino oder Tunin. Die Siedlungen bestanden aus eingezäunten Hofanlagen mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden. Der Ortsadel lebte in separat angelegten Herrenhöfen. Ab dem 5. Jahrhundert wurde die alte Sitte der Leichenverbrennung zugunsten der Körperbestattung in Reihengräbern aufgegeben. Für das Leben im Jenseits versah man die verstorbenen Männer mit ihren Waffen, die Frauen hingegen mit ihrem Schmuck. In den Gräbern finden sich auch Trachtbestandteile, Werkzeuge und Gefäße mit Resten von Nahrungsmitteln.

Grabbeigaben aus Donzdorf: Keramik- und Glasgefäße, vorne eine bronzene Gürtelschließe (Foto: Kreisarchäologie Göppingen)
Grabbeigaben aus Donzdorf: Keramik- und Glasgefäße, vorne eine bronzene Gürtelschließe (Foto: Kreisarchäologie Göppingen)

Im Landkreis Göppingen sind heute aus 15 Ortschaften 26 merowingerzeitliche Bestattungsplätze entdeckt. Es handelt sich um einzelne Gräber oder um Grabgruppen. Der größte Bestattungsplatz befand sich in Donzdorf. Dort konnten 1964 noch 100 Gräber mit 106 Bestattungen durch das damalige Amt für Denkmalpflege dokumentiert werden. Viele weitere waren zuvor bei Bauarbeiten unbeobachtet zerstört worden.

Erst vor kurzem wurde in den Beständen einer alten Privatsammlung der Beschlag einer eisernen Gürtelschließe aus einem der undokumentiert zerstörten Donzdorfer Reihengräber entdeckt. Sie gehörte zur Trachtausstattung eines Mannes, der im 7. Jahrhundert zur Oberschicht der Donzdorfer Ursiedlung „Tunestorf“ gehörte. Das Objekt war stark korrodiert und schien zunächst noch völlig unspektakulär. Nach der Restaurierung wurde deutlich, dass sowohl der zugehörige Schilddorn als auch der ovale Bügel fehlten. Auffallend sind die Silbereinlagen und Zierelemente des erhalten gebliebenen Beschlags. Im Mittelfeld sind ein magisches Tierornament mit eingelegten Messingfäden und am Rand eine Flechtbandzier erkennbar. Zur Fixierung auf dem Ledergürtel dienten drei große Messingnieten. Aus weiteren Gräbern wurden wenigstens noch die Grabbeigaben geborgen. Es handelt sich um Keramikgefäße in Form von Töpfen und Flaschen, Glasgefäße, Gürtelbestandteile, einschneidige Kurz- und zweischneidige Langschwerter sowie um Lanzenspitzen.

Eiserner Beschlag einer Gürtelschließe aus Donzdorf mit Silbereinlagen, Messingnieten und Verzierungen im germanischen Tierstil (Foto: Katja Bode)
Eiserner Beschlag einer Gürtelschließe aus Donzdorf mit Silbereinlagen, Messingnieten und Verzierungen im germanischen Tierstil (Foto: Katja Bode)

Seit dem 6. Jahrhundert nahmen christliche Symbole auf den Trachtbestandteilen zu. Eine ebenfalls in Donzdorf gefundene Riemenzunge mit lateinischem Segensspruch stammt aus einem Adelsgrab. Träger des Christentums war der Ortsadel. Die ersten Kirchen aus Holz oder Stein standen innerhalb der Herrenhofareale. Solche frühen Kirchenbauten konnten im Bereich der Göppinger Oberhofenkirche sowie unter der Kirche St. Martin in Donzdorf und der Gruibinger Martinskirche nachgewiesen werden. Die Christianisierung der alamannischen Bevölkerung des Landkreises Göppingen war mit dem Beginn der Karolingerzeit abgeschlossen. Dies verdeutlichen Klostergründungen in Wiesensteig und Faurndau sowie weitere frühe Kirchen in Gingen und Bad Boll.

Kontakt

Dr. Stefan Lang Abteilungsleiter
Dr. Stefan Lang
Abteilungsleiter
Fax +49 7161 50318-19

Michael Weidenbacher, M.A.
Kreisarchäologe

Auskunft Vorzimmer
Postfach 809
73008 Göppingen
Fax +49 7161 50318-19

Adresse

Kreisarchiv, Kreisarchäologie und Kultur
Landratsamt Göppingen - Hauptamt
Schloss Filseck
73066 Uhingen
E-Mail