Schätze des Kreisarchivs Göppingen

Archivale des Monats November 2023

Aktuelle Meldung, 22.11.2023 - Das Kreisarchiv Göppingen präsentiert 2023 monatlich besondere Stücke aus seinen Beständen. Im November beleuchten diese einen Lebensabschnitt der Göppinger Ehrenbürgerin Inge Auerbacher.

Aufstellung einiger der erhaltenen Gegenstände (Bestand C 0 Nr. 184)
Aufstellung einiger der erhaltenen Gegenstände (Bestand C 0 Nr. 184)

Zum 85. Geburtstag des Landkreises 2023 zeigt das Kreisarchiv Göppingen im Info-Raum auf Schloss Filseck (Mi.- So., 13.00 - 17.00 Uhr) sowie online jeden Monat eine Auswahl von besonders interessanten oder schönen Stücken aus seinen Beständen. Im November steht die kurze Rückkehr der Familie Auerbacher nach Göppingen 1945/1946 im Blickpunkt.

Die unscheinbare, etwa einen Zentimeter dicke Sachakte des Landratsamts Göppingen ist ein Puzzlestein zum bewegenden Schicksal einer deutsch-jüdischen Familie. Nach der Arisierung und Enteignung seines Textilgeschäfts im badischen Kippenheim war Berthold Auerbacher (1898-1987) 1939 mit seiner Frau Regina (geb. Lauchheimer, 1905-1996) und der kleinen Tochter Inge (*1934) zu seinen Schwiegereltern nach Jebenhausen gezogen. Im August 1942 wurden die Auerbachers nach Theresienstadt deportiert und überlebten die furchtbaren Umstände bis zur Befreiung durch die Rote Armee.

Nach ihrer Rückkehr zog die Familie im Sommer 1945 zunächst wieder nach Jebenhausen und dann in eine Wohnung nach Göppingen. Über die amerikanische Militärverwaltung und das dortige Landratsamt bemühte sich Berthold Auerbacher um die Rückgabe seines Besitzes und um eine Grundausstattung für seine Familie. Diese erhielt er zwischen Juli 1945 und Februar 1946 durch „Requirierungen“ und Neuanfertigungen, worüber eine Liste Aufschluss gibt. Wie die Auswahl der Personen vollzogen wurde, die Einrichtungsgegenstände oder Bettzeug abgaben oder abgeben mussten, ist nicht klar ersichtlich. Die Neuanfertigungen beispielsweise einer „Spätzlemaschine“ oder eines kleinen Mostfasses zeigen anschaulich den schwäbischen Hintergrund der Familie.

Doch die Rückkehr in die alte Heimat war nur von kurzer Dauer, im Mai 1946 wanderten die Auerbachers nach New York aus, was in Inge Auerbachers autobiografischem Buch „Jenseits des gelben Sterns“ (2005) eindrucksvoll beschrieben wird. Zuvor veräußerten sie den vorhandenen Hausstand. 1956 wurden einige der Personen, die 1945/1946 Gegenstände oder Möbel abgegeben hatten, vom Landratsamt entschädigt, weil diese prinzipiell nur zur Nutzung vorgesehen waren. Die Auslagen von 440 DM versuchte das Landratsamt dann wiederum von der Bundesrepublik als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs erstattet zu bekommen – letztlich erfolglos. 2022 wurde Inge Auerbacher, die seit Jahrzehnten international für Aussöhnung und Frieden wirkt, Ehrenbürgerin der Stadt Göppingen.

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Hauptamt – Abteilung Kreisarchiv, Kreisarchäologie und Kultur
Dr. Stefan Lang
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