Schätze des Kreisarchivs Göppingen

Archivale des Monats August 2023

Aktuelle Meldung, 08.08.2023 - Das Kreisarchiv Göppingen präsentiert 2023 monatlich besondere Stücke aus seinen Beständen. Im August ist dies eine Beibringensinventur aus dem Jahr 1872.

Beibringensinventur über Marie Kugels Eigentum im Jahr 1872
Beibringensinventur über Marie Kugels Eigentum im Jahr 1872

Zum 85. Geburtstag des Landkreises 2023 zeigt das Kreisarchiv Göppingen im Info-Raum auf Schloss Filseck (Mi.- So., 13.00 - 17.00 Uhr) sowie online jeden Monat eine Auswahl von besonders interessanten oder schönen Stücken aus seinen Beständen. Im August ist dies eine 151 Jahre alte Beibringensinventur.

Seit dem 16. Jahrhundert dokumentierten die „Inventuren und Teilungen“ das Vermögen, welches Brautleute in eine Ehe miteinbrachten (Inventur), beziehungsweise das nach dem Tod einer Person an die Erben verteilt wurde (Teilung). Diese Auflistungen wurden von den Gemeinden und Städten angefertigt, um möglichen Erbstreitigkeiten vorzubeugen. Mit der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 wurden die Inventuren und Teilungen schließlich durch zumeist deutlich weniger ausführliche notarielle Nachlassakten ersetzt.

Als historische Quellen bieten Inventuren und Teilungen detaillierte Einblicke in Alltagsleben und Besitzverhältnisse quer durch die Bevölkerungsschichten. Angefertigt wurden die Vermögensbeschreibungen in den jeweiligen Städten und Gemeinden, in denen die betroffenen Personen lebten. Heute werden sie, wenn sie die Jahre überdauert haben, in den dortigen Archiven verwahrt. Im Kreisarchiv Göppingen liegt die zeitgenössische Abschrift einer sogenannten „Beibringensinventur“ aus Wäschenbeuren von 1872 vor.
Der Aufbau der Inventur folgte einem festen Schema. Zu Beginn wurden Ausstellungsort und -datum vermerkt, darauf folgten die Namen der Eheleute mit dem Zeitpunkt ihrer Verheiratung. Daran schloss sich eine Beschreibung des Vermögens des Mannes und anschließend jenes der Frau an.

Die hier erhaltene Beibringensinventur wurde für die Eheleute Xaver Ascher, Gipser aus Rechberg, und die Waise Marie Kugel aus Wäschenbeuren am 9. Februar 1872 in Lorch ausgestellt, da Wäschenbeuren damals noch zum Oberamt Welzheim gehörte. Geheiratet hatte das Paar 18 Tage zuvor, am 22. Januar 1872. Auf jeweils zwei Seiten finden sich das „Ehemanns-Beibringen“ und das „Ehefrau-Beibringen“. In Teil A der Aufzählung hätten Liegenschaften, von denen allerdings weder Braut noch Bräutigam welche besaßen, aufgelistet werden können. In Teil B folgt die „Fahrnis“, also sämtliche beweglichen Vermögensgegenstände, jeweils mit Wertansatz. Die Aufzählung der Gegenstände ist sehr überschaubar. Das Paar hatte wohl nur das Nötigste: Je ein Gebetsbuch, Kleider mit einem sehr geringen Wert, jeweils eine Bettlade, einen Tisch und zwei Stühle sowie eine einfache Schlafstätte. Das Küchengeschirr bestand aus einer eisernen Kachel, einem Wasserbehälter (Gölte) und einem Waschzuber. Ebenfalls wurden eine Taschenuhr, ein Spiegel und eine Kaffeemühle aufgelistet, die man im Vergleich zu den übrigen Gegenständen fast als Luxusgüter bezeichnen kann. Am Ende ergab sich ein von Schultheiß, Waisenrichter und Amtsdiener offiziell festgehaltener geschätzter Gesamtwert der bescheidenen Besitztümer des Ehepaares von 260 Gulden und 42 Kreuzern.

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