Schätze des Kreisarchivs Göppingen

Archivale des Monats April 2023

Aktuelle Meldung, 12.04.2023 - Das Kreisarchiv Göppingen präsentiert 2023 monatlich besondere Stücke aus seinen Beständen. Der April behandelt den vor 120 Jahren voller Begeisterung eingeweihten Endbahnhof in Wiesensteig.

Plan des Bahnhofsgebäudes in Wiesensteig von 1901/1902 (Bestand B 5 Nr. 4718)
Plan des Bahnhofsgebäudes in Wiesensteig von 1901/1902 (Bestand B 5 Nr. 4718)

Zum 85. Geburtstag des Landkreises 2023 zeigt das Kreisarchiv Göppingen im Info-Raum auf Schloss Filseck (Mi.- So., 13.00 - 17.00 Uhr) sowie online jeden Monat eine Auswahl von besonders interessanten oder schönen Stücken aus seinen Beständen.
Im April erlauben die offiziellen Pläne einen Blick auf den als Endhaltepunkt der ehemaligen Nebenbahn ab Geislingen dienenden alten Bahnhof in Wiesensteig:

Begeistert hatte man sie vor 120 Jahren bei der Einweihung gefeiert – die Nebenbahn von Geislingen bis Wiesensteig. Erste Anstrengungen für einen Bau reichten bis in die 1860er/1870er Jahre zurück, konkrete Eingaben an die württembergische Eisenbahndirektion erfolgten aber erst 1885. Zunächst plante man mit der kostengünstigeren Variante einer Schmalspurbahn, die mit einer speziellen Vorrichtung an die Normalspur der Zentralbahn angeschlossen werden sollte. Eine Denkschrift an die württembergische Regierung brachte 1897 den Durchbruch für die Genehmigung. Zur Vertragsunterzeichnung zwischen den Gemeinden und der Eisenbahndirektion kam es am 6. Dezember 1899. Allerdings konnte die Schmalspurvariante 1901 noch in eine Normalspurbahn umgewandelt werden.

Ab Anfang 1902 begannen die Bauarbeiten, bis auf Gosbach und Reichenbach im Täle erhielten die Gemeinden an der Strecke Varianten der württembergischen Einheitsbahnhöfe. Bei der Eröffnungsfahrt am 20. Oktober 1903 wurde der Festzug mit dem württembergischen Außenminister Julius von Soden an jeder Station freudig empfangen und kehrte nachmittags für ein Festmahl nach Geislingen zurück

Die Industrialisierung des oberen Filstals entwickelte sich zwar nicht ganz im erhofften Ausmaß, doch als Pendelzug für Geislingens Fabriken sowie für Schulkinder und Lehrlinge besaß der Zug über Jahrzehnte eine große Bedeutung. Zum Einsatz kamen Tenderloks der Baureihe T 3, 1921 erhielt die Bahn stärkere Lokomotiven. Laut Fahrplan dauerte damals die Gesamtfahrt von Wiesensteig nach Geislingen eine Stunde und 17 Minuten.
1955 lösten Dieselloks die dampfbetriebenen Vorgänger ab, die Holzwagen erhielten Nachfolger aus Stahl. Jedoch waren die Gleisanlagen veraltet und die Deutsche Bahn ließ Mitte der 1960er Jahre die Rentabilität der Strecke überprüfen. Wie den anderen Nebenbahnen drohte die Stilllegung, denn der Güterverkehr war gering und die Fahrgastzahlen durch Konkurrenz von Omnibussen und Privatautos rückläufig. Die Fahrzeit zwischen Geislingen und Wiesensteig betrug zur damaligen Zeit noch eine knappe Dreiviertelstunde. Trotz politischer Bemühungen, baulichen Ausbesserungen und periodischen Fahrplanreduzierungen kam es auf den 31.12.1968 zur ersten Teilstilllegung: dem Ende des zuletzt mit Schienenbussen betriebenen Personenverkehrs von Deggingen nach Wiesensteig, gefolgt vom finalen Aus der Strecke 1980/1981 sowie dem Abriss der meisten Bahnhöfe, darunter des einstigen Endbahnhofs Wiesensteig.

Buch zum Thema:

Stefan Lang, „Von Zeiten und Zügen. Eisenbahngeschichte(n) im Landkreis Göppingen“, Veröffentlichungen des Kreisarchivs Göppingen Band 19, Göppingen 2018. Hardcover, 356 Seiten, mit 330 teilweise bislang unveröffentlichten Abbildungen zur gesamten Eisenbahnhistorie des Kreisgebiets, ISBN 978-3-87437-584-9.

Der Band ist im Buchhandel oder direkt im Kreisarchiv Göppingen für
24 € erhältlich.

Ansprechpartner

Hauptamt – Abteilung Kreisarchiv, Kreisarchäologie und Kultur
Dr. Stefan Lang
Telefon: 07161 503-1812
Telefax: 07161 503-1819
E-Mail: s.lang@lkgp.de

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